Licht und Leichtigkeit

Im Dezember 1909 ging Heinrich Bauer aus Hiltersklingen zum Bürgermeister. Dort meldete er eine Schreinerei an. Damals fertigte er hauptsächlich Stallfenster- und Türen und konnte sich wohl kaum vorstellen welche Entwicklung sein Handwerksbetrieb in den folgenden100 Jahre erleben würde. Bis Mitte der Sechziger wurden dann primär Fenster, Türen, Einbauschränke und einige Möbelstücke in der Bauschreinerei gefertigt.In der dritten Generation erkannte Wihelm Bechtold, Enkel von Heinrich Bauer, die Entwicklung des Fenstermarktes hin zum Kunststoff-Fenster und begann 1967 mit der eigenen Produktion. Die Nachfrage war so stark, dass Holzfenster ab 1974 gar nicht mehr produziert wurden.

„Heute werden auf ca. 1200 m² Hallenfläche bis zu 100 Wintergärten und bis zu 10.000 Fenstereinheiten im Jahr gefertigt“, berichtet Axel Bechtold, gelernter Holztechniker, Urenkel von Heinrich Bauer, und seit Januar 1997 Geschäftsführer der heutigen Firma Bechtold - Fenster. Primär werden jetzt Fenster und Türen auf hohem Qualitätsniveau produziert. Der Bedarf an Dreifachverglasung ist gestiegen. Die Zwischenräume dieser hochwärmedämmenden Fenster sind mit Edelgas, z.B. Argon, gefüllt. Es ist ein schlechter Wärmeleiter und hat somit eine gute dämmende Wirkung. Innen sind die Scheiben mit Metalloxyd bedampft. Langwelliges Infrarotlicht wird von dieser Beschichtung reflektiert und verbessert dadurch die Wärmedämmung erheblich. Bei Passivhäusern ist dieses Dreischeiben-Isolierglas mittlerweile Standard. Axel Bechtold hält die Flamme eines Feuerzeuges hoch. Zwei doppelte, also vier Flammen spiegeln sich in der Scheibe. „Die zweite Flamme reflektiert in einer kühleren Farbe. Das ist die visuelle Garantie für ein professionelles Qualitätsprodukt.“ sagt er.

Ein Fenster aus Dreifachisolierglas mit 1m² Fläche wiegt ca. 30 kg, eine Tür mit 2m² Fläche ca. 60 kg. Diese Gewichte müssen bei wärmetechnischer Renovierung oder Sanierung manchmal über mehrere Stockwerke nach oben getragen werden. Aber nicht nur physische Kräfte sind gefragt. Passgenau sollen Fenster und Türen im Lot und waagerecht montiert funktionieren. Das wird vor der Montage in einem Simulator im Betrieb genau geprüft bevor das Team von zehn firmeninternen Monteuren in Aktion tritt. Ihr Hauptaktionsradius liegt zwischen Rhein, Main und Neckar. Mal geht es auch nach Mannheim oder nördlich von Frankfurt. Diese Entfernungen schaffen für das Ausbilden von Fensterbauern eher schwierige Bedingungen. Denn, wie soll der Auszubildende nach einem halben Tag Berufsschulunterricht zu einem entfernten Kunden kommen? Intensiven Blockunterricht gibt es für diesen Handwerksberuf nicht.

Gutes, solides Handwerk ist, wie auch im Falle der Firma Bechtold - Fenster, durch seine Vorgeschichte meist im ländlichen Raum angesiedelt. Die Kaufkraft und höhere Immobilienwerte oft andernorts. Den Odenwald empfindet Geschäftsführer Axel Bechtold nicht als abgelegene Gegend. Vierzig Kilometer sind es nach Darmstadt oder Mannheim. Er und seine Schwester, Anita Lautenschläger, Prokuristin des Betriebes, sind im Odenwald aufgewachsen und wollen auch nicht weg von hier. Der Bezug zu den Menschen und die Schönheit der Landschaft – das macht’s. Auch die ca. 28 Mitarbeiter kommen aus der nahen Umgebung. Zehn sind in der Produktion, zehn auf Montage, vier im Vertrieb und sechs in der Verwaltung tätig. 15 Jahre Betriebszugehörigkeit sind keine Seltenheit, auch 20, 25 oder mehr Jahre erfreut man sich hier an guter Zusammenarbeit. Die soziale Bindung ist hoch, alle sind per Du, auch mit dem Chef. Nicht selten kommt das erfahrene Team von Fensterbauern, Schreinern und Monteuren nach getaner Arbeit zu einem Schwätzchen zusammen und vielleicht auch mal zu einem Glas Feierabendbier. Fluktuation von Personal ist hier unbekannt.

Auch Wintergärten – Licht durchflutete Lebensräume – werden von der Firma Bechtold – Fenster seit 30 Jahren ganz individuell entworfen, geplant und gebaut. Jeder ist ein einzigartiges Unikat, ob freistehend, am Haus angebaut oder im Haus integriert. Das vorerst theoretische Ergebnis von Kreativität und Konstruktion kann sich der Kunde oftmals nicht in der Umsetzung, und schon gar nicht am eigenen Haus, vorstellen. Hier bietet ein spezielles 3D-Animationsprogramm die faszinierende Möglichkeit das persönliche Wintergartenmodell virtuell am eigenen Gebäude anzubauen und aus allen Perspektiven zu betrachten, dabei auch die Wirkung von unterschiedlichen Farben und Formen zu vergleichen. Ob der Natur näher zu sein oder in Urlaubsstimmung unter Palmen frühstücken – ein Wintergarten schafft mehr Raum, schenkt Licht und Leichtigkeit und steigert die Wohnqualität.

Bevor die Sonneneinstrahlung jedoch unerträglich wird, kommt ein Verschattungssystem zum Einsatz. Intelligente Tageslichttechnik sorgt für optimal ausgeleuchtete Räume und gleichzeitig für optimalen Blend- und Hitzeschutz. Moderne Sonnenschutzsysteme verringern den Kühlenergiebedarf von Gebäuden erheblich. Eine Klimaanlage kann kleiner dimensioniert und somit kostengünstiger werden. In den Wintermonaten sorgt ein Wintergarten für erhebliche Reduzierung der Heizkosten.

Besonders die Klientel jenseits der fünfzig investiert zurzeit gerne in die Aufwertung ihrer Immobilie. Durch die Krise hat sich das Bewusstsein gewandelt. Der Focus liegt mehr auf der Wertsteigerung im Bestand. Die Lebenserwartung ist höher.

Bei dem Basisprodukt Kunststoff-Fenstereinheiten liegt die zu erwartende Lebensdauer bei mindestens 50 Jahren. Verbesserte Wärmedämmungs-Eigenschaften und technische Weiterentwicklung sind Gründe für einen vorzeitigen Austausch der Elemente. Überflüssig gewordene Kunststoffrahmen werden mittlerweile einem Recyclingkreislauf zugeführt, als minderwertigere und nicht sichtbare Teile später wieder verbaut, z.B. als Kabelummantelung.

Axel Bechtold will sein Unternehmen auch zukünftig nicht überdimensionieren. Er will übersichtliche Einheiten behalten, das solide Handwerk glaubwürdig weiterführen und immer direkt dabei sein können.